An sich ist die Erkenntnis relativ trivial und sogar durch Selbstversuch zu ergründen. Das Gesetz lautet:
Arbeit dehnt sich in genau dem Maße aus, wie Zeit für die Erledigung zur Verfügung steht.
Machen Sie einen Versuch: Setzen Sie für ein beliebiges Meeting nur die Hälfte der sonst üblichen Zeit an. Sie werden feststellen, dass Sie in dieser verkürzten Zeit genau das Gleiche erreichen, wie in der sonst üblichen Zeit.
Machen Sie einen weiteren Versuch: Nehmen Sie eine Aufgabe und setzen Sie sich dafür bewusst eine deutlich vorgezogene Deadline. Sie werden diese Aufgabe in der verkürzten Zeit erledigen.
Parkinson analysierte Statistiken der britischen Marine. 1914 gab es 62 Großkriegsschiffe, 146.000 Offiziere und Matrosen, 3.249 Werftbeschäftigte und 2.000 Verwaltungsbeamte. 14 Jahre später waren es noch 20 Kriegsschiffe, die Zahl der Verwaltungsbeamten hatte sich fast verdoppelt. Waren die zusätzlichen Beamten unterbeschäftigt? Nein, natürlich nicht. Und vermutlich hatten sie genauso viel Stress wie Angestellte zu anderen Zeiten und in anderen Tätigkeitsbereichen und Branchen.
Gründe für das Parkinsonsche Gesetz
Mir sind keine belastbaren Studien bekannt, die das eher satirisch anmutende Parkinsonsche Gesetz wissenschaftlich begründen. Wir wissen kaum, warum Menschen sich so verhalten. Aus neurowissenschaftlichen Erkenntnissen wissen wir aber, dass Bedeutung ein ganz wesentlicher Antreiber ist. In unserer Kultur ist verankert, dass jemand nur dann bedeutsam ist, wenn er viel zu tun hat. Jemand, der nach drei Stunden Arbeitszeit seine Arbeit vollständig erledigt hat oder fröhlich pfeifend über den Flur spaziert, kann nicht bedeutsam sein.
Ein weiterer Grund liegt in der menschlichen Tendenz, ständig darüber nachzudenken, was der Andere, in diesem Fall vielleicht der Chef, über mich denkt. Dies verstärkt sich durch Remote Leadership und Home Office. Wenn – für den Anderen einsehbar – die Ampel bei MS Teams ständig auf rot steht, glaubt man, dass die Anderen denken, dass man wirklich fleißig und beschäftigt ist. Versucht jemand einen Termin in unseren Kalender einzutragen und stellt fest, dass wir auf Wochen ausgebucht sind, dann sind wir wirklich wichtig (Ende der Ironie).
Einen letzten Grund möchte ich nennen, der sehr eng mit New Work zu tun hat. New Work kritisiert das Lohnarbeitssystem, das Anwesenheit ins Zentrum der Betrachtung stellt. Wir „arbeiten“ acht Stunden, d. h. wir sind anwesend. Es geht um Anwesenheit und nicht um Ergebnisse. Wir werden das erst überwinden, wenn wir New Work wirklich leben, indem wir Ziele als Ergebnis vereinbaren und wenn es egal ist, wie lange ein Mitarbeiter für das Ergebnis benötigt. Jetzt stellt sich Effizienz automatisch ein. Die Folge besonders hoher Effizienz ist aber: zusätzliche Arbeit. Das Vermeidungsverhalten heißt: Beschäftigt und gestresst wirken.
Folge des Parkinsonschen Gesetzes
Aus dem Parkinsonschen Gesetzt ergeben sich Folgen:
- Um einen stabilen Zustand aufrechtzuerhalten ist es erforderlich, gestresst zu wirken. Diesen Gedanken folgt später reales Stressempfinden in Geist und Körper. Wir entwickeln die volle Bandbreite der Stresssymptomatik. Wer nicht irgendwann Burnout hat, hat nie wirklich geleistet.
- Effizienz wird verhindert. Sie lässt sich nur mit konzertierten Aktionen, wie drastischem Personalabbau, erzeugen.
- Die Unternehmens- und Führungskultur unterstützt ego-zentriertes Verhalten. Es ist nicht an Ergebnissen orientiert. Alles ist auf die eigene Wichtigkeit, den Status und die Bedeutsamkeit ausgerichtet. Wir kämpfen um unser eigenes Ego, nicht aber um Wirksamkeit und Ergebnis.
So weit, so gut. Doch warum nutzt man nicht die frei gewordene Zeit für größere Ziele? Es fällt vielleicht schwer zu erklären, warum man für eine bestimmte Aufgabe bisher acht Stunden, jetzt aber nur noch drei Stunden benötigt. Kein Vorgesetzter baut freiwillig die Hälfte der Mitarbeiter ab, weil man effizienter arbeitet. Also sorgen Vorgesetzte für Beschäftigung.