Gütekriterien um motivierende Ziele zu formulieren
Sie kennen vermutlich das Akronym SMART, um zu guten Zielformulierungen zu kommen: Spezifisch – Messbar – Attraktiv – Realistisch – Terminiert. Aus Sicht der Neurobiologie habe ich SMART leicht modifiziert und um ein paar wenige Aspekte ergänzt.
Ziele positiv formulieren
Reduzierung, Beseitigung, Abschaffung, … sind nie gute Zielformulierungen. Formulieren Sie Ziele positiv. Aus „Reduzierung der Krankenquote“ wird dann „Steigerung der Gesundheitsquote“ und aus „Beseitigung unwirksamer Prozesse“ wird „Steigerung der Wirksamkeit von Prozessen“.
Von der Prozess- zur Ergebnisorientierung
Ziele werden als Ergebnis formuliert. Das ist insbesondere bei Führen auf Distanz wichtig, weil Sie jetzt kaum kontrollieren können, ob Ihre Mitarbeiter die Prozesse einhalten. Darüber hinaus sortiert unser Gehirn in der Prozessorientierung den damit verbundenen Aufwand dagegen. Das demotiviert. Schlechte Formulierungen beginnen mit: Reduzierung von …, Aufbau von …, Optimierung von …, Einführung von … und so weiter. Gehirngerecht formulierte Ziele nennen das Ergebnis als Ziel. Marktanteil von …, Krankenquote von …, Umsatz/Ergebnis von … und so weiter. Die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems lautet dann als Ziel formuliert: „Wir haben ein von allen Mitarbeiter geschätztes, angewandtes und gelebtes Qualitätsmanagementsystem nach DIN ISO EN 16949, das uns Verlässlichkeit und Fehlerfreiheit garantiert. …“
Terminierbar
Je nach Planungshorizont haben Ziele einen konkreten Termin. Längerfristige Ziele haben vielleicht nur eine Idee eines Realisierungszeitpunkt: „In den kommenden fünf Jahren wollen wir alle Prozesse digitalisieren und das papierlose Büro realisieren.“ Mal abgesehen, dass diese Formulierung nicht optimal ist, gibt sie eine ungefähre Idee, bis wann das Ziel erreicht sein soll. Ob das jetzt 4 1/2 Jahre oder 5 1/4 Jahre werden, ist vielleicht nicht so bedeutend. Wenn Sie müssten, könnten Sie aber einen Termin festlegen. Jahresziele, Quartalsziele, Wochenziele haben immer konkrete Termine. Eines meiner Wochenziele ist es, Donnerstagmorgen um 6:00 Uhr einen neuen Blog-Beitrag und dazu passend eine neue Episode im LeadCast zu veröffentlichen. Das ist ein sehr konkretes und terminiertes Ziel.
Herausfordernd
Ich erlebe immer wieder, dass Ziele gesetzt oder vereinbart werden, die mit ein wenig Aufwand garantiert erreichbar sind. Hier geht OKR einen anderen Weg und den teile ich auch als Prinzip in der Neurologischen Führung: Die Ziele sind so formuliert, dass sie nur mit höchster Anstrengung erreichbar sind. Sie sind eine echte Herausforderung. Es ist also nicht selbstverständlich, dass Ziele erreicht werden.
Wahrnehmungskanäle
Ziele neurologisch zu formulieren heißt, die unterschiedlichen Wahrnehmungskanäle anzusprechen. Die meisten Führungskräfte kommunizieren eher visuell. Dabei bleiben oft der auditive und vor allem der kinästhetische (emotionale) Kanal unberührt. Diese beiden Kanäle ebenfalls zu nutzen, lässt mehr Verständnis und mehr Motivation entstehen.
Motivationsfaktoren
Zu den Big Three der Psychologie gehören Macht-, Leistungs- und Anschlussmotivation. Leistungs- und Machtmotivation sind bei Führungskräften meist stärker ausgeprägt, als bei den Mitarbeitern, die eher leistungs- und/oder anschlussmotiviert sind. Deshalb dürfen Führungskräfte in der Zielformulierung verstärkt auch auf die Motivatoren der Mitarbeiter schauen und diese berücksichtigen. Da sieht eine Formulierung für einen leistungsmotivierten anders aus, als für einen anschlussmotivierten.
Leistungsmotiviert: „Am 14.05.2021 haben wir eine App, mit der … Sie haben Ihr ganzes Wissen und Können eingebracht und wieder einmal Ihren hohen Leistungsanspruch bewiesen.“ Anschlussmotiviert: „Mit dieser App für …, die am 14.05.2021 jedem Mitarbeiter zur Verfügung steht, können Ihre Kolleginnen und Kollegen viel einfacher ihre Projektzeiten erfassen und bei lästigen Fragen des Kunden nachweisen.“
Motivationsstrategien
Jeder Mensch hat seine eigene, individuelle Strategie, sich zu motivieren. Ziele gehirngerecht formulieren bedeutet, die individuelle Strategie zu (er)kennen und für maximale Motivation zu nutzen. Auch hier haben und nutzen Sie Ihre eigene Strategie. Ihr Mitarbeiter folgt aber in der Regel einer anderen Strategie. Und dann bleibt Motivation aus.
Im Übrigen: Ziele müssen nicht immer realistisch sein. Gerade große, innovative Ziele müssen etwas außerhalb des Vorstellbaren liegen. Wenn sie allerdings zu weltfremd sind, reduziert das doch erheblich die Motivation zur Zielerreichung. Aber auch da hält die Geschichte viele positive Beispiele bereit: Alle sagten, das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht. Der hat’s gemacht.
Meine Empfehlung für Ziele formulieren
Trainieren Sie ein wenig, Ziele zielgruppen- bzw. mitarbeitergerecht zu formulieren. Probieren Sie aus, was passiert mit einem Mitarbeiter, wenn Sie das Ziel einmal anders formulieren. Falls Sie dabei Unterstützung brauchen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
2 Kommentare zu „Ziele formulieren“
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