Der Circle of Influence: Ein neurowissenschaftlicher Ansatz zur Führung von Mitarbeitern
Wie Sie mit dem Circle of Influence Ihre Führungskompetenzen stärken und Mitarbeiterengagement fördern können.
Anschlussmotivation ist bei den meisten Mitarbeitern der stärkste Antreiber. Eine Studie der AOK (Fehlzeitenreport 2019) zeigt, dass Home Office keine gute Idee ist. Psychische Probleme nehmen stark zu, Mitarbeiter sind erschöpfter und frustrierter. Durch die Entgrenzung von Privat und Arbeit nimmt Stress und das Risiko von Burnout rasant zu. Besonders erschreckend ist, dass diese Studie bereits im letzten Jahr, also vor Corona, durchgeführt wurde. Jetzt sind wir zum Home Office gezwungen. Was bedeutet das für Führung?
Die ewige, staubelastete Pendelei hört auf, die Straßen sind freier, die Luft wird besser und die Mitarbeiter sparen Zeit und Geld. Auch Unternehmen sparen. Eigentlich ist doch alles gut.
Flexiblisierung der Arbeit, Arbeitszeitkonten, mobiles Arbeiten und Home Office waren häufige Forderungen der Mitarbeiter und Mitarbeitervertretungen. Die Unternehmen hielten dagegen, teilweise radikal.
Vor kurzem hörte ich von einem IT-Unternehmen, dass vehement gegen Home Office war. Jetzt sind alle Mitarbeiter im Home Office. Und die Geschäftführung verkauft das Bürogebäude. Home Office geht gar nicht – und plötzlich doch.
Es gibt drei Motive, denen Menschen in individuell unterschiedlicher Ausprägung folgen. Ein Motiv ist das Anschlussmotiv: Menschen wollen Bindungen eingehen und dazu gehören. Das antreibende Hormon ist Oxytocin, das Bindungshormon. Lange wurde es nur in der frühkindlichen Entwickllung verortet. Das stimmt aber nicht. Auch im Erwachsenenalter ist dieses Hormon ein starker Antreiber. Menschen tun bisweilen alles, nur um dazuzugehören, um Teil eines Ganzen zu sein. Anschlussmotivation ist nicht laut, aber stark. Sie ist in meinem Modell ganz wesentlich im Grundprinzip der Verbundenheit organisiert.
Nur, weil Mitarbeiter jetzt im Home Office sind, gehören sie ja weiter dazu. – Stimmt das? – Natürlich können Mitarbeiter auch das Gefühl von Verbundenheit entwickeln, wenn Sie im Home Office sind. Doch die Oxytocinproduktion braucht die persönliche Begegnung.
Stellen Sie sich vor, sie wären frisch verliebt, bis über beide Ohren. Kennen Sie das Gefühl noch? Durch Zu- und Umstände könnten Sie den/die Liebste/n nicht sehen. Sie könnten telefonieren, skypen oder whatsappen, aber keine persönliche Begegnung. Das ertragen Sie vielleicht vier Wochen, vielleicht auch acht oder zwölf. Und wenn Sie genau beobachten, stellen Sie fest, dass das Verliebtsein abnimmt. Die Nachrichten werden weniger, andere attraktive Menschen werden plötzlich auch wieder interessant und die Wahrscheinlichkeit des Entliebens wird gefährlich groß.
Genauso geht es Ihren Mitarbeitern im Home Office. Natürlich haben Sie Kontakt. Doch das wird irgendwann weniger, vielleicht zunächst nur weniger intensiv, oberflächlicher. Das aufrecht zu erhalten kostet viel Energie und stresst irgendwann zunehmend. Und das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass Oxytocin fehlt.
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Home Office, dass Notfallprogramm während der Pandemie. Inzwischen ist Mobile Working Standard, einige Unternehmen rufen ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro.
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Das für die Anschlussmotivation wichtige Hormon Oxytocin hat enormen Einfluss auf Stress. Mit steigendem Oxytocinspiegel sinken der Corticotropin-Releasing-Hormon- und der Cortisol-Spiegel und der Spiegel des Beruhigungshormons Serotonin steigt. Das entspannt und verhindert Stress. Fehlt Oxytocin steigt der Stress-Pegel. Die oben zitierte AOK-Studie bestätigt das.
Bedienen Sie als Führungskraft das Anschlussmotiv Ihrer Mitarbeiter. Im Übrigen steigt damit auch Ihr eigener Oxytocin-Spiegel und Sie fühlen sich entspannter.
Und wie bedienen Sie das Anschlussmotiv? – Nun, dazu gibt es zahlreiche Möglichkeiten, auf die wir intensiv auch in meinem eTraining LIVE Remote Leadership eingehen und Sie dabei Ihre eigenen, für Sie passenden Strategien entwickeln. Eine Vorstufe könnte beispielsweise sein, mit Ihrem Mitarbeiter im Home Office über persönliche Empfindungen zu sprechen. Unabdingbar ist, dass Sie dabei ehrlich und offen sind. Gewiss, Sie werden damit auch verletztlicher – und das ist nicht schlimm. Gründen Sie eine „Leidensgemeinschaft“, sprechen Sie regelmäßig über persönliche Dinge und offen über Ihre eigenen Empfindungen. Vermitteln Sie dem Mitarbeiter die Gewissheit, dass er bedeutend für das Team und das Unternehmen ist. Lassen Sie Ihre MitarbeiterInnen erleben, dass sie nicht nur ein terminierter Call, sondern ein wichtiger Teil der Gemeinschaft sind.
Beobachten Sie bitte auch, wie Ihr Mitarbeitender darauf reagiert. Möglicherweise ist sein Anschlussmotiv nicht sehr stark ausgeprägt, sondern eher sein Leistungsmotiv. Dann sollten Sie beide Motive bedienen.
Marcus Hein ist Experte für Neurologische Führung, hat über dreißig Jahre Führungs- und fast 20 Jahre Trainings- und Coachingerfahrung.
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