Gesund führen: Wie Psychologische Sicherheit dazu beiträgt
Gesund führen für eine geringe Krankenquote in einem High Performance-Team

Krisen, Umstrukturierungen, technologische Umbrüche – viele Teams arbeiten heute im Dauerstress. Die Anforderungen steigen, doch die psychische Widerstandskraft sinkt. Krankmeldungen nehmen zu, nicht selten ausgelöst durch ein Gefühl der Überforderung, Unsicherheit und sozialer Kälte im Arbeitsalltag. Die gute Nachricht: Führungskräfte können hier wirksam gegensteuern – wenn sie verstehen, worauf es wirklich ankommt. Gesund führen wird zu einer zentralen Kompetenz von Führungskräften.

Die stark gestiegene Krankenquote hat immer zwei Facetten, die sich nur schwer abgrenzen lassen: krankheitsbedingte Fehlzeiten und motivationsbedingte Fehlzeiten. Oft glauben wir, dass wir maximal auf die motivationsbedingten Fehlzeiten Einfluss nehmen können – was schon schwer genug ist. Aber können wir auch auf tatsächliche Erkrankungen positiven Einfluss nehmen? Gesund führen würde bedeuten, dass Mitarbeitende weniger krank werden, belastbarer sind und dadurch eine geringere Krankenquote aufweisen.

Die Modelle, mit denen Gesundheit bewirkt und Krankheit vermiedern werden kann sind hinlänglich bekannt und inzwischen sehr gut beforscht: Salutogenese, Resilienz, Epigenetik, Psychoneuroimmunologie sowie psychologische und psychosoziale Sicherheit. Auf letzteres möchte ich in diesem Beitrag intensiver eingehen, auf die anderen werde ich in anderen Blog-Beiträgen zu sprechen kommen.

Kernaussagen

  • Psychologische Sicherheit ist der unterschätzte Schlüssel zu Gesundheit, Motivation und Leistung im Team.
  • Stress und Burnout entstehen oft nicht durch Überlastung – sondern durch Angst, Unsicherheit und fehlendes Vertrauen.
  • Führungskräfte gestalten den Rahmen: Mit Klarheit, Offenheit und Wertschätzung entsteht echte Sicherheit.
  • Neurologisch betrachtet wirkt psychologische Sicherheit wie ein Schutzschild für das Gehirn – sie fördert Fokus, Lernfähigkeit und Resilienz.
  • Gesunde Führung beginnt im Kopf der Führungskraft – mit einer Haltung, die Verbundenheit und Vertrauen möglich macht.

Gesund führen: Was ist psychologische Sicherheit?

Psychologische Sicherheit bezeichnet das geteilte Gefühl in einem Team, dass man ohne Angst vor negativer Konsequenz Risiken eingehen, Fragen stellen, Fehler zugeben und offen sprechen kann. Der Begriff wurde vor allem durch die Harvard-Professorin Amy Edmondson geprägt, deren Forschung zeigt, dass Teams mit hoher psychologischer Sicherheit lernfähiger, innovativer und resilienter sind.

In Edmondsons Studien zeigte sich, dass gerade die Teams mit der höchsten Fehlerquote die beste Performance erzielten – nicht, weil sie mehr Fehler machten, sondern weil sie offener damit umgingen. Die Fehler wurden sichtbar, analysiert und dadurch vermieden. Auch Google identifizierte im Rahmen des Projekts „Aristotle“ psychologische Sicherheit als den mit Abstand wichtigsten Faktor für Hochleistungsteams – noch vor Intelligenz, Ausbildung oder Führungserfahrung.

 

Zudem gibt es deutliche Zusammenhänge mit Gesundheit und Resilienz:

  • Eine 2021 veröffentlichte Studie der Universität Mannheim fand heraus, dass psychologische Sicherheit signifikant mit geringerem Stressniveau und weniger Erschöpfung bei Mitarbeitenden korreliert.
  • Laut einer Untersuchung von Gallup sinkt die Krankenquote um bis zu 27 %, wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, ihre Meinung zählt und sie Fehler offen ansprechen können.

Gibt es Best Practices für Führungskräfte?

Psychologische Sicherheit entsteht nicht durch Zufall, sondern durch bewusstes Führungsverhalten. Einige wirkungsvolle Maßnahmen:

  1. Offenheit für Rückfragen und Kritik signalisieren – z. B. durch Formulierungen wie „Was habe ich übersehen?“
  2. Fehler enttabuisieren – z. B. durch Lessons Learned-Sessions oder die regelmäßige Frage „Was lief suboptimal und was lernen wir daraus?“
  3. Zuhören statt vorschnell bewerten – echtes Interesse und aktives Nachfragen zeigen.
  4. Vorbild sein – auch eigene Unsicherheiten oder Lernprozesse offen ansprechen.
  5. Klare Rollen und Erwartungen schaffen, damit psychologische Sicherheit nicht mit Beliebigkeit verwechselt wird.

Auswirkungen auf Gesundheit und Krankenquote

Psychologische Sicherheit wirkt wie ein gesundheitsförderndes Betriebsklima. Sie reduziert das Risiko psychosozialer Stressreaktionen, stärkt die Selbstwirksamkeit und erhöht das emotionale Commitment zum Team. In Organisationen mit hoher psychologischer Sicherheit berichten Mitarbeitende von:

  • weniger Erschöpfungssymptomen
  • höherer Motivation und Teamloyalität
  • geringerer Tendenz zu Fehlzeiten aufgrund innerer Kündigung

Das alles senkt mittel- und langfristig die Krankenquote messbar – insbesondere bei stress- oder konfliktbedingten Ausfällen, die in vielen Unternehmen stark zunehmen.

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Gesund führen ist Chefsache

Psychologische Sicherheit entsteht nicht zufällig – sie ist das Ergebnis von Führungsverhalten. Entscheidend ist, wie Sie kommunizieren, wie Sie mit Fehlern, Einwänden und Unsicherheit umgehen. Wer als Führungskraft …

  • … offen fragt und wirklich zuhört,
  • … auch selbst Unsicherheiten eingesteht,
  • … Vielfalt an Meinungen zulässt,
  • … klare Orientierung und wertschätzendes Feedback gibt,

… schafft ein Umfeld, in dem Mitarbeitende sich sicher fühlen – und das ist die Grundlage für psychische Stabilität.

Was die Neurowissenschaft dazu sagt

Aus neurologischer Sicht sind Menschen soziale Wesen mit einem tief verankerten Bedürfnis nach Verbundenheit und Sicherheit. Bedrohungen im sozialen Miteinander – wie Kritik, Ignoranz oder Beschämung – aktivieren im Gehirn dieselben Areale wie physischer Schmerz. Parallel blockiert die Amygdala im Präfrontalen Cortex bewusstere Denkprozesse, so dass ein Zugriff auf das volle Potenzial blockiert ist. Jetzt bleiben Menschen hinter ihrem eigentlichen Potenzial zurück.

Psychologische Sicherheit wirkt dem entgegen: Sie aktiviert die Systeme für Vertrauen, Motivation und Lernbereitschaft. In einem sicheren Umfeld kann das Gehirn überhaupt erst in den Modus kommen, der für High Performance, Gesundheit und Freude an der Arbeit nötig ist.

Gesund führen beginnt im Kopf – vor allem im eigenen

Psychologische Sicherheit ist kein Kuschelfaktor, sondern ein harter Performance- und Gesundheitsfaktor. Wer als Führungskraft ein Umfeld schafft, in dem Mitarbeitende sich sicher fühlen, reduziert Krankenstände, steigert Engagement und fördert die Resilienz des gesamten Teams.

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