Mitarbeiterentwicklung als Führungsaufgabe
Wir können einen anderen nicht entwickeln. Und es ist übergriffig, wenn wir bestimmen wollten, in welche Richtung sich ein anderer Mensch entwickeln soll. Dennoch zähle ich die Mitarbeiterentwicklung zu den wichtigsten Führungsaufgaben. Wie kann das gelingen? Dazu schauen wir in die Entwicklung des Menschen ganz generell. Denn das ist neurologisch.
Wie sich Menschen entwickeln
Vielleicht haben Sie selbst Kinder oder die Entwicklung von Kindern aus nächster Nähe beobachtet. Das Leben beginnt mit einer Zellteiligung – die Zelle wächst über sich hinaus. Und bei jeder gesunden Entwicklung wird sich dieser Prozess fortsetzen. Schon nach der achten Zellteilung spezialisieren sich die Zellen: Hautzelle, Gehirnzelele, Knochenzelle und so weiter. Sie entwickeln Expertise. Spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem die Schwangerschaft bekannt wird, freuen sich – in aller Regel – die Beteiligten. Da werden Kurse besucht, in Internet-Foren recherchiert und Bücher gelesen. Man unterhält sich mit anderen, erhält Ratschläge und will bloß alles richtig machen. Man geht zum Arzt und freut sich über jeden Fortschritt. Ultraschallbilder werden an die Kühlschranktür oder den Badezimmerspiegel gehängt, später fängt man an, die ersten Kleidungsstücke und Einrichtungen zu kaufen. Man richtet das Kinderzimmer ein und alle freuen sich. Man erzählt es jedem, ob er es hören will oder nicht.
Dann kommt die Geburt. Alle gratulieren und freuen sich. Dann lernt das Kind, bewusst wahrzunehmen und nach Dingen zu greifen. Später beginnt es zu brabbeln und zu sprechen, zu krabbeln, zu stehen und zu laufen. Die Sätze werden länger. Und über jeden Fortschritt freuen sich alle. Niemand würde dem zweijährigen Kind sagen: „Jetzt bilde doch mal einen vernünftigen Infinitiv-Satz!“ Man freut sich über den kleinsten Fortschritt.
Jetzt kommt der entscheidende Schritt, der alles anders macht: Das Kind kommt in die Schule. Jetzt werden Fehler thematisiert und angestrichen. Falsch, falsch, falsch steht am Rande des Tests, der Klassenarbeiten oder Klausuren. Schwächen werden identifiziert und durch Nachhilfeunterricht versucht zu kompensieren. Eltern und Lehrer suchen Fehlverhalten und finden es natürlich. Im Beruf setzt sich das dann ungehindert fort.
Woran orientiert sich Mitarbeiterentwicklung?
Ich war selbst viele Jahre als verantwortlicher Personalentwickler tätig. Den größten vermeintlichen Erfolg hatte ich, als wir anfingen, Potenzialanalysen durchzuführen, um Fehler und Schwächen zu finden. Denn anschließend konnten wir Entwicklungsmaßnahmen durchführen, die diese Schwächen beheben sollten. Was für ein Unfug!
Mitarbeiterentwicklung muss sich an den Stärken und Talenten der Mitarbeiter orientieren. Doch wenn ich heute Führungskräfte frage, welche drei größten Stärken ein Mitarbeiter hat, kann die kaum jemand auf den Punkt benennen. Fehler und Schwächen zu nennen, fällt viel leichter.
Mitarbeiterentwicklung als Führungsaufgabe
Mitarbeiter können sich nur selbst entwickeln und es bleibt deren Aufgabe. Warum ist das aber dann Ihre Verantwortung? Schaffen Sie – wie im obigen Beispiel des kleinen Kindes – eine Atmosphäre, in der sich die Mitarbeiterin und der Mitarbeiter entwickeln kann.